Das Land NRW wertet regelmäßig sämtliche Sichtungen von Wölfen aus und prüft in Zusammenarbeit mit Experten der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes für den Wolf (DBBW), ob Hinweise auf ein für Menschen problematisches Verhalten von Wölfen vorliegen. Dabei berücksichtigt das Land NRW die Empfehlungen des "Konzeptes zum Umgang mit auffälligen Wölfen, die sich Menschen gegenüber auffällig verhalten" der DBBW (veröffentlicht als BfN-Skript 502).
Aus den bisherigen bundesweiten Auswertungen geht hervor, dass der weit überwiegende Teil der Begegnungen eines Wolfs mit Menschen in Deutschland kein auffälliges Verhalten darstellt. Läuft etwa ein Wolf in Sichtweite von Ortschaften oder Einzelgehöften oder bei Nacht direkt an Ortschaften vorbei, besteht kein Handlungsbedarf. Dies gilt auch für Wölfe, die nicht sofort beim Anblick von Menschen und Autos flüchten, sondern zunächst stehen bleiben und beobachten. Jungwölfe können durch ihre Unerfahrenheit und Neugierde bisweilen eine geringere Fluchtdistanz zu Menschen aufweisen als erwachsene Wölfe. Insofern handelt es sich bei diesen Verhaltensweisen nicht um ein problematisches oder gar gefährliches Verhalten.
Obwohl der Wolf aufgrund der europarechtlichen Vorgaben den höchstmöglichen artenschutzrechtlichen Schutz genießt, bietet das Artenschutzrecht ausreichende Handlungsmöglichkeiten. So wurden bereits im April 2016 ein auffälliger Wolf in Niedersachsen getötet, um den Schutz der Bevölkerung zu gewährleisten. Auch das Land NRW wird alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um verhaltensauffälligen Wölfen wirksam zu begegnen. Dazu zählt als letztes Mittel auch der Abschuss eines Wolfes.
Neben den möglichen Gefahren für Menschen sind auch die Interessen der Weidetierhaltung zu berücksichtigen. So zeigt der Wolf mit dem Töten von Nutztieren aus Sicht des Menschen ein unerwünschtes Verhalten. Dies ist jedoch kein unnatürliches oder auffälliges Verhalten von Wölfen. Das Töten von Beutetieren ist keine Form der Aggression, sondern dient dem Nahrungserwerb. Dabei unterscheiden Wölfe nicht zwischen wildlebenden Arten und den domestizierten Nutztieren des Menschen. Um in einem Wolfsgebiet Schäden an Nutztieren zu vermeiden, sieht das Wolfsmanagement als Handlungsoption eine flächendeckende Umsetzung von Schutzmaßnahmen vor. Abhilfe schaffen effektive Herdenschutzmaßnahmen, wie z. B. Elektrozäune und Herdenschutzhunde, bei deren Anschaffung das Land NRW die Tierhaltungen finanziell unterstützt.
Die Erfahrungen aus den anderen Bundesländern zeigen, dass es für die wolfsabweisende Wirkung der Herdenschutzmaßnahmen entscheidend darauf ankommt, dass sie flächendeckend, sorgfältig und korrekt angewandt werden. Wölfe können an nicht oder nicht ausreichend geschützten Weidentieren das Überwinden von Herdenschutzmaßnahmen erlernen. In Gebieten, in denen Herdenschutzmaßnahmen des Mindeststandards (= "Grundschutz" von mindestens 90 cm Höhe bei mobilen stromführenden Elektronetzen oder Litzenzäunen) durch einen Wolf überwunden wurden, muss zur Sicherung der Weidetiere spätestens dann der "empfohlene" Schutz (von 120 cm) Anwendung finden.